Erfahrungsbericht – Jahreskreisfeste mit dem Glückspilz

Eintauchen in den Jahreskreis – meine ersten Erfahrungen, von Brigitte aus Wien!

Imbolc

Walpurgas Einladung erreichte mich an einem kalten, grauen Januartag. Einem Tag, an dem Wetter und Seele gleichermaßen durchhingen. „Wir feiern Imbolc mit einer Fliegenpilz-Zeremonie, feiere doch mit. Ein Platz ist noch frei!“

„Nein, was mache ich denn dort“ fragte mein ängstliches Ich. Mit fremden Menschen feiern, nachdem ich vier Jahre ganz zurückgezogen gelebt hatte? Und noch dazu mit Fliegenpilz?

„Ja, selbstverständlich“ sagte meine innere Stimme. „Du hast lange genug allein gefeiert. Jetzt ist es Zeit, neue Leute kennenzulernen und neue Erfahrungen zu machen.“ „Was mache ich da?“ schoss es mir noch einmal durch den Kopf, als ich den Becher mit dem Fliegenpilzschnaps ergriff. Ich hatte auf meine innere Stimme gehört und mich zur Imbolc-Feier angemeldet.

ImbolcUnd gerade mit Walpurga, Mike und drei weiteren sehr netten Menschen ein Brigid-Kreuz aus Binsen gewebt (wollte ich immer schon machen) und Walburgas Erzählungen zu Imbolc gelauscht. Es war Brigids Fest, mein Fest, ich heiße ja Brigitte. Ich fühlte mich rundherum wohl.

Mike hatte uns gut auf die Fliegenpilzzeremonie vorbereitet. Und so gewann die Vorfreude rasch Oberhand über mein ängstliches Ich. Die Matte am Boden war weich und bequem, meine Augen von einem Tuch bedeckt. Ich lauschte den Trommeln. Und dann geschah das Unglaubliche: Das Gedankenkarusell in meinem Kopf stand plötzlich still. Vollkommen still. Ich hatte davon gehört, ich hatte selbst versucht es zu erreichen – gelungen ist es mir nie. Was für eine Erfahrung!

Meine schamanische Reise zu Imbolc mit dem Fliegenpilz:

Ich liege ganz still. Nicht nur um mich ist es still. Auch in mir ist es still. Die Gedanken hören auf, sich zu drehen. Ich sehe auf meinen rechten Arm: eine dicke Schicht umhüllte ihn, sicher 10 Zentimeter dick. Es sieht aus wie eine Schicht Asphalt, schwarz und undurchdringlich. Ich weiß genau was das ist: der Stress, die Trauer und der Schmerz der letzten Jahre hatten diese Schicht gebildet. Ich sehe aber auch, dass die Schicht sich zu lösen beginnt, beginnend an meinem Handgelenk.

 Und ich sehe auch, warum diese Schicht sich löst, ich sehe ein helles Licht am Himmel, ähnlich einer Sonne. Das Licht senkt sich herab und steht wie ein Scheinwerfer ober mir. Und die Schicht auf meinem Arm schmilzt schneller …

Von Ferne hörte ich Walburgas Stimme: „Langsam zurückkommen …“ Ich hätte gerne noch länger verweilt! Und eines war klar: Das wollte ich noch einmal erleben.

Ostara

Das Wetter war schön, daher ging es hinaus auf eine Lichtung. Welche Freude, wieder die Sonne und die Luft auf der Haut zu spüren, welche Freude, mit anderen Frauen gemeinsam im Kreis zu tanzen und zu lachen!

OstaraDen Duft des Bärlauchs in der Nase und die Aufbruchsstimmung von Ostara im Herzen. Nun würden die Tage wieder länger werden. Die roten Eier durften nicht fehlen, Symbol für Ostara, Symbol für Ostern. Und mit ihrer leuchtenden Farbe eine schöne Ergänzung zu den zarten Farben der ersten Frühlingsblumen, die sonnenhungrig ihre Köpfchen aus der Erde streckten.

Für die Fliegenpilzzeremonie war es draussen noch zu kalt, dazu ging es zurück in die Wohnung. Mike hatte ausführlich vom Fliegenpilzmädchen erzählt. Meine Vorfreude war groß.

Meine schamanische Reise zu Ostara mit dem Fliegenpilz:

Ich gehe durch einen langen Gang und komme zu einer großen Höhle. In der Mitte ist ein türkisblauer See, die Wände der Höhle sind erdfarben, blau und türkis und ich sehe alles aus der Vogelperspektive. Ich gehe weiter durch einen schmalen Gang, er ähnelt dem in einem Salzbergwerk. Ich muss mich dünn machen, um durchzukommen. Wieder komme ich zu einer Höhle, ich sehe eine Gruppe von Frauen, die rund um ein Feuer sitzen. Frauen, die der Hexerei beschuldigt werden und sich nun verstecken, um dem Scheiterhaufen zu entgehen, schießt es mir durch den Kopf. Ich bin eine von ihnen, sitze mit am Feuer. Ich wäre gerne geblieben, doch ich muss aufstehen und weiter gehen. Es tut mir weh, die Gruppe zu verlassen, doch ich muss weitergehen, wieder durch einen ganz schmalen Gang. Ich komme zu einer Höhle mit wunderbaren Wandmalereien. Ich war noch nie in der Höhle von Altamira, aber so ähnlich muss es dort aussehen.

Und wieder holte Walpurga mich für mein Gefühl viel zu schnell zurück, dabei war ich doch über eine Stunde auf meiner bequemen Matte gelegen. Ein köstliches Abendmahl rundete den Nachmittag ab.

Walpurgis 

Es ging abermals hinaus ins Freie, diesmal sollte auch die Fliegenpilzzeremonie im Freien stattfinden. „Wie wird das wohl werden auf dem harten Waldboden?“ fragte mein ängstliches Ich. Ganz leise hörte ich es, es war seit der ersten Jahreskreisfeier viel kleiner geworden. „Schön natürlich“, antwortete ich mit Überzeugung.

„Stimmungsvoll“ wäre vermutlich der bessere Ausdruck gewesen. Walpurga hatte Birkenzweige mitgebracht, der Kranz fürs Haar war schnell gewebt. Zwei Handgriffe – fertig. „Wieso kann ich das“, fragte ich mich leise, ich bin bei solchen Dingen sonst denkbar ungeschickt. Und ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich das schon öfter gemacht habe, früher einmal … in einem der vorigen Leben.

WalpurgisnachtDie Mädchen und Frauen schmückten den Kranz, die Männer trieben den Pfahl in die Erde. Und dann stand er da, unser Maibaum, Symbol für die himmlische Hochzeit. Der Platz war geschmückt, die Lieder gesungen, die Tänze getanzt, Walpurga hatte von ihrem Fest, von Walpurgis erzählt. Zeit für die Begegnung mit dem Fliegenpilzmädchen!

Der harte Waldboden und die langsam kälter werdende Luft waren sofort vergessen, als die Wirkung des Fliegenpilzschnaps einsetzte. Es wurde eine phantastische Reise, die mich tief hinab und ganz nach oben führte. Ich hatte Mühe, wieder in der Wirklichkeit anzukommen. So geht es mir bei jeder schamanischen Reise: Ich wäre gerne dort geblieben!

Meine schamanische Reise zur Walpurgis mit dem Fliegenpilz:

Dunkelheit umhüllt mich. Ich sitze in einem riesigen Oval, ähnlich einem Ei. Mit unglaublicher Geschwindigkeit platzen viele, viele Schalen dieses Eis ab. Übrig bleibt eine transparente Hülle, die mich umschließt und schützt. Doch ohne Zögern verlasse ich diese letzte schützende Hülle und tauche ein in die Dunkelheit. Und fühle mich – zu meiner Überraschung – noch beschützter, noch geborgener als innerhalb der Schutzhülle. Das innere Kind, das endlich frei und gleichzeitig geborgen ist.

Ich sehe aus der Vogelperspektive eine Kleinstadt irgendwo zwischen grünen Feldern und Wiesen. Klein und unbedeutend scheinen auch die Probleme der Menschen aus dieser Perspektive, ihre kindischen Streitereien, ihr Machtstreben, ihre Gier. Und ich denke daran, um wie viel friedlicher diese Welt wäre, wenn wir alle auf das kleinliche Gezänk, auf die Be- und Verurteilung der Menschen verzichten würde.

Plötzlich werde ich mit großer Kraft emporgehoben, höher und höher hinauf.  Alle Hüllen, die mich noch fesselten, alle Ängste, Sorgen, Unsicherheiten, fallen von mir ab. Es ist als ob dicke graue Betonwände von mir abfallen. Ich werde durch die Wolkendecke gehoben. Mein Körper und mein Ego lösen sich in dem Moment auf, in dem ich mit dem hellen goldenen Licht verschmelze, das sich oberhalb der Wolken ins Unendliche ausbreitet.

Mittlerweile ist die Frühlingsenergie der Sommerenergie gewichen. Alles grünt und blüht, die Natur schenkt uns Farben und Düfte im Überfluss. Ich freue mich auf Litha.